Mittwoch, 17. Februar 2016

Begrüßungsrede zum Anlass des ersten deutsch-marokkanischen Kulturforums


Begrüßungsrede  zum Anlass des ersten deutsch-marokkanischen Kulturforums in Agadir am 27.03.2015

Herr Brahim OUBAHA, Projektleiter des deutsch-marokkanisches Kulturforums

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste,
sehr geehrte Vertreter aus Wissenschaft und Forschung,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,



nach dem demokratischen Frühling im Nordafrika erfuhren die deutsch-marokkanischen Beziehungen eine bemerkenswerte Entwicklung in verschiedenen Bereichen. Es gab gegenseitige Besuche zwischen den politischen und wirtschaftlichen Akteuren beider Länder. Die Unterzeichnung der Rabat-Erklärung am 12.09. 2013 zwischen dem deutschen Außenminister und seinem marokkanischen Amtskollegen war ein wichtiges Ereignis in den bilateralen Beziehungen. Diese Erklärung zielt darauf ab, die deutsch-marokkanischen Beziehungen weiterzuentwickeln und zu vertiefen. Darüber hinaus will sie einen Rahmen für die deutschen bzw. marokkanischen Akteure, Individuen, Stiftungen und die Zivilgesellschaft schaffen, um diese Beziehungen nach vorne zu bringen. Beim letzten Besuch des deutschen Außenministers Frank Walter Steinmeier in Marokko wurden zahlreiche Abkommen unterzeichnet, damit man die Rabat-Erklärungsinhalte in die Tat umsetzen kann und es dafür eine Dynamik gibt. So wird Marokko ein wichtiger strategischer Partner von Deutschland am Südrand des Mittelmeers sein, wofür es allerdings eines starken Willens und Feldarbeiten bedarf.

Im Rahmen dieses aktuellen Kontextes, geprägt von positiver Entwicklung der bilateralen Beziehung zwischen den beiden Ländern in verschiedenen Bereichen, kommt die Idee, ein deutsch-marokkanisches Kulturforum in Agadir zu organisieren. Dieses hat zum Ziel einen Beitrag zur Weiterentwicklung und Förderung des kulturellen Austausches zwischen den beiden Ländern zu leisten. Es zielt ebenso darauf ab, die Möglichkeiten zur Stärkung der Zusammenarbeit und der kulturellen Kooperation mit Deutschland zu besprechen. Die Kultur und Kunst haben eine große Rolle bei der Kommunikation und der Bildung der Individuen, um einander zu verstehen und auszutauschen. Das Kulturforum sollte eine Möglichkeit der Akademiker und Forschern geben, um sich miteinander auszutauschen. Uns ist die Bedeutung des Kulturaustausches heutzutage bewusst und deswegen bedürfen wir der Kunst, der Literatur, um uns zuerst und dann den Anderen zu verstehen und uns daran zu erinnern, dass die Menschlichkeit uns einigt. Dazu ist der Kulturaustausch das beste Mittel, um eine kulturelle Verständigung zwischen den Gesellschaften und auch eine Art Vertrauen zu verwirklichen.
Kolloquium zum Thema: deutsche Föderalismus und Regionalisierung in Marokko  


Das Forum enthielt zwei wissenschaftliche Sitzungen, Treffen mit Deutschen und Marokkanern und interessante vielfältige Beiträge. Dabei wurden auch deutsche Stiftungen und deren Programme präsentiert, die die Zivilgesellschaft durch Ausbildungen fördern, zur Entwicklung der ländlichen Gebiete beitragen und die deutsch-marokkanische Partnerschaft im Bereich der Bildung befördern. Am letzten Tag des Forums gab es einen Ausflug nach Igodar. Von dort gingen wir nach Tamza, einem Dorf in Anti-Atlas, wo uns der Verein „ Tamza Waman“ empfing, um das von der deutschen Entwicklungsbank betreute Projekt der lokalen Entwicklung in diesem Dorf zu besichtigen.

Was diese Ausgabe kennzeichnet, ist, dass verschiedene Themen bezüglich der deutsch-marokkanischen Beziehungen aus unterschiedlichen Perspektiven von kulturellen und zivilgesellschaftlichen Akteuren, Akademikern, Politikern, Journalisten und Studierenden besprochen wurden.

Am ersten Tag des Forums wurden die kulturellen Erfahrungen der deutschen und marokkanischen Künstler präsentiert. In der ersten Präsentation unter dem Titel „Deutschland-Marokko: Kreuzvisionen“ ging es um die Vorstellung von Fotos der beiden Fotografen Uli Rohde aus Deutschland und Rachid Tagoulla aus Marokko. Was diese zwei Fotografen vereint, ist ihre große Liebe für die Fotografie und Reisen. Sie sind zwei Fotografen aus verschiedenen Kulturgemeinschaften und sehen die Welt aus verschiedenen Perspektiven.

In dieser Präsentation wurden Fotos der Fotografin und Forscherin Uli Rohde in Marokko und die von Rachid Tagoulla in Deutschland gezeigt. Dabei wird Marokko aus Perspektiven einer Deutschen und Deutschland aus der eines Marokkaners gezeigt und wahrgenommen. Somit kennt man sich durch den Anderen. Diese Präsentation hat auch zum Ziel die Stereotypen abzuschaffen und einen Dialog miteinander zu führen.

Die zweite Präsentation unter dem Titel „ zwischen zwei Welten“ stammte von einer Deutschen,  Silvia Brutschin. Sie entdeckt den Zauber Marokkos durch ihre Reise in seine Gebirge und Wüsten. Durch ihren Kontakt mit den Marokkanern konnte sie Erfahrungen sammeln und die kulturelle und sprachliche Vielfalt Marokkos entdecken. Zuerst war sie in Marokko nur zum Urlaub und zum zweiten Mal wegen des Studiums. Jetzt lebt sie in Marokko wegen der Arbeit.
In ihrer Präsentation geht sie auf die kulturellen und natürlichen Potenziale Marokkos ein und zeigt, was ihr an Marokko gefällt und was nicht. Sie zieht einen Vergleich zwischen dem Leben in der marokkanischen und der deutschen Gesellschaft. Trotz der Unterschiede konnte Silvia sich relativ  gut in die marokkanische Gesellschaft integrieren, erklärte sie in ihrer Präsentation. 

In meiner Präsentation erzählte ich über meine Erfahrung im deutschen Bundestag im Rahmen des Internationalen Parlamentsstipendiums für Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens.

Das Alumni Portal Deutschland präsentierte Hamid Boukharez. Es ist ein Projekt von der Stiftung Alexander von Humboldt, dem Zentrum der internationalen Migration, dem DAAD und dem deutschen kulturellen Institut. Viele deutsche Ministerien fördern das Projekt und es steht unter Schirmherrschaft der GIZ.

Am zweiten Tag ging es um deutschen Föderalismus und die fortgeschrittene Regionalisierung in Marokko in einem Kolloquium zwischen dem Professor an der Universität Ibn Zohr, Rachid Guedira und dem deutschen Mitarbeiter im Deutschen Bundestag, Peter Fässler. Dieses Kolloquium kam zu einer Zeit, in der Marokko eine Diskussion über die Regionalisierung und deren Kriterien auf allen Ebenen erfährt. Dabei fordert die Zivilgesellschaft, dass die internationalen Kriterien der territorialen Teilung eingehalten werden. So müssen die kulturellen, historischen und ökonomischen Gegebenheiten der Regionen bei der Teilung berücksichtigt werden.
Rachid Guedira geht in seinem Beitrag auf den Entwurf des Regionalismus nach der Verfassung von 2011 und die Rolle der Zivilgesellschaft bei der Schaffung und Umsetzung des Entwurfes des Regionalismus ein. Seinerseits präsentierte Dr. Peter Fässler das deutsche Modell und seine historischen Hintergründe. Er zeigte, wie der deutsche Föderalismus sich im Laufe der Geschichte entwickelt hat und dessen Beitrag bei dem Fortschritt auf der Ebene des Bundes und der Länder.

Der richtige Ausbau eines demokratischen Systems basiert auf einem starken föderalistischen System wie von Deutschland, der Schweiz, Belgien und Kanada, damit ein Land bzw. eine Region unabhängig bei der Verwaltung seiner bzw. ihrer Angelegenheiten in verschiedenen Bereichen sein kann.

Im Beitrag von Khalid Oubla ging es um die Studien und orientalistische Forschung von Hans Stum, der sich auch mit der amazighischen bzw. berberischen Kultur auseinandersetzte. Er beschäftigte sich mit den berberischen Überlieferungen in Marokko. Die Studien der Deutschen über Marokko sind zwar wenige, aber sehr reich im Vergleich zu denen der Franzosen.
In diesen Studien lässt sich das alltägliche Leben der Marokkaner klar erkennen.

In der Präsentation von Abderrahim Bougayou befasst dieser sich mit der Rolle der Medien zur Stärkung des deutsch-marokkanischen Kulturdialogs, am Beispiel von Timatarin. Timatarin ist eine Online-Zeitschrift, die sich für die interkulturelle Kommunikation einsetzt und die Brücke zwischen der deutschen und marokkanischen Gesellschaft schlagen will. Sie will Nordafrika für die deutschsprachigen Länder zeigen und die Forschung über die Geschichte und die Kulturen zu fördern.

Lahsen Handi konzentrierte sich in seinem Beitrag auf „die deutsch-marokkanischen Beziehungen nach dem demokratischen Frühling“.  Er zeigte die Bereiche auf, in denen eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern dynamisch und aktiv ist. Er ging auch auf die Herausforderungen für diese Zusammenarbeit nach dem demokratischen Frühling ein.

Eins möchten wir hervorheben und zwar den Ansatz, dem wir bei der Auswahl der Themen folgten. Wir hatten Themen wie der Föderalismus und der Regionalismus, in denen Deutschland und Marokko sich übereinschneiden. Es gab Präsentationen der Erfahrungen der Deutschen in Marokko und der Marokkaner in Deutschland. Dazu waren die Partner vielfältig und jeder leistete einen Beitrag zum deutsch-marokkanischen Kulturaustausch. Es waren Studierende, DozentInnen, JournalistInnen, Zivilgesellschaft und kulturelle Institute.

Was das deutsch-marokkanische Kulturforum in seiner ersten Ausgabe kennzeichnet, ist die Teilnahme vieler Jugendlicher, die gerade ihre akademische Laufbahn angefangen haben. Von ihnen erwarten wir mehr Forschung über die deutsch-marokkanische Geschichte und mehr Engagement für den Kulturaustausch zwischen den beiden Ländern. Auf sie setzen wir für den Frieden und interkulturelle Kommunikation.

Die Auswahl für die Organisation dieses Forums trifft auf die Stadt Agadir, die Hauptstadt der Region von Souss und die Stadt der Deutschen, wie sie wohl von vielen genannt wird, denn sie hat historische Beziehungen zu  Deutschland und verfügt über Potenziale auf allen Ebenen. Sie gilt als beliebtestes Reiseziel der Deutschen. Durch unsere Initiative zielen wir darauf ab, die Bedeutung der Stadt Agadir als eine Stadt des Friedens, des friedlichen Zusammenlebens und des zivilen und kulturellen Dialogs im Laufe der Geschichte hervorzuheben.

Trotzdem gibt es in Agadir noch keine deutsche Abteilung an der Universität, was als eine der bedeutenden Voraussetzungen für die kulturelle und sprachliche Vielfalt gilt.

Schließlich möchten wir klar machen, dass die erste Ausgabe des deutsch-marokkanischen Kulturforums der Anfang von weiteren Ausgaben in der Zukunft mit dem Ziel zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den deutschen und marokkanischen Zivilgesellschaften ist. Es wäre ein geeigneter Raum für den Austausch der Ideen und Erfahrungen zwischen der deutschen und marokkanischen Gesellschaft.

Ein herzliches Dankeschön möchten  alle aussprechen, die zur Organisation dieses Forums beigetragen haben.  Das deutsche Institut für Sprachen (LIAL),  das Zentrum des Südens, der Studien und Forschungen, die Universität Ibn Zohr, das Rathaus Agadir und der Verein „Tamza n Waman“.

In diesem Zusammenhang besagt ein afrikanisches Sprichwort: Um ein Kind auf einem Dorf gut zu erziehen, braucht man das ganz Dorf dafür. Es braucht viel Liebe und Unterstützung. So braucht das Forum nicht nur die Leute eines Dorfes, einer Stadt oder eines Staates, sondern es braucht die Unterstützung der ganzen Welt. Herrn Peter Fässler sprechen wir einen besonderen Dank aus. Er machte sich auf den Weg von Berlin nach Agadir, um zum Erfolg des ersten deutsch-marokkanischen Kulturforums beizutragen.

Wir danken allen, die an die Idee des Forums geglaubt haben und sie in die Tat umgesetzt haben. Es war nicht einfach dieses Forum zu organisieren, in dem es an Unterstützung seitens der für die Kultur zuständigen Institutionen auf der regionalen und auch nationalen Ebene fehlt. Dazu haben die deutschen Institutionen in Marokko bei diesem Projekt nicht zusammengearbeitet. Jedoch sind wir entschlossen und glauben an das, was wir uns vornehmen. Wir haben trotz der Hindernisse nicht aufgegeben, die uns seit dem Anfang der Vorbereitungen auf dieses Forum begegneten. In diesem Zusammenhang denke ich an das Zitat der Anthropologin Frau Margaret Mead, als sie sagte: „ Hab nie Zweifel an der Fähigkeit von einer kleinen Gruppe von engagierten Intellektuellen bei der Veränderung der Welt. In der Tat kann niemand ihren Willen ändern. “


Kontakt:

deutsch.marokkanisches.forum@gmail.com 


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