Gelebte Demokratie erlebt


Gelebte Demokratie erlebt:
Ein Praktikum im Deutschen Bundestag
zum Demokratie-Lernen für Marokko

 Das erste Teil
Zum zweiten Mal  hatte der Deutsche Bundestag Stipendiumsplätze im Rahmen des IPS- Programms – Internationales Parlaments-Stipendium -  an politisch engagierte junge Menschen aus Ländern Nord-Afrikas und des Nahen Ostens  vergeben.
Dieses Programm richtet sich an politisch engagierte Hochschulabsolventen, die sich in ihrer Heimat auf unterschiedlichen Feldern für demokratische Grundwerte einsetzen, und selbst Verantwortung in  Demokratisierungsprozessen übernehmen. 

Wir Vierundzwanzig Stipendiaten waren aus Ägypten, Tunesien,  Jordanien, Algerien, dem kurdischen Autonomiegebiet im Irak, Jemen und Palästina.
Das IPS- Programm ermöglichte es uns aus der Nähe zu erleben, wie das parlamentarische System des Deutschen Bundestags funktioniert. Und wir erlebten auch die Bundestagswahl vor Ort mit.  
Das vierwöchige Programm umfasste Vorträge, Besichtigungen, Diskussionsrunden und ein Praktikum bei einem Bundestagsabgeordneten.

Warum ich mich beworben habe
Durch mein Deutschstudium  habe  ich  viel mit Deutschland, seiner Kultur und auch Politik,  zu tun.  Für mich ist das IPS- Programm eine kostbare Gelegenheit, alles, was ich schon gelesen habe, einmal aus den Nähe zu erleben. Und in den Kontext meines eigenen  gesellschaftlichen und politischen Engagements zu stellen. 

Für uns in Marokko ist das deutsche politische System ein gutes Beispiel für Demokratie in der Europäischen Union. Insbesondere, weil es sich durch ein föderales System auszeichnet.  Eine meiner Fragen lautete: Was können wir in Marokko aus dem politischen System Deutschlands lernen? 
Ich möchte direkt vor Ort lernen, wie Wahlen in Deutschland funktionieren. Was ich lerne, möchte ich ins Arabische und Tamazight, die Sprache der marokkanischen nicht-arabischen Bevölkerungsmehrheit der Berber, der ich angehöre, übersetzen, um dies den Menschen in Marokko zu vermitteln. Als Anregungen für unseren gemeinsamen weiteren Demokratisierungsprozess. Den ich gemeinsam mit allen daran interessierten Menschen in die gelebte demokratische Realität von Marokko umsetzen möchte.

Meine erste Praktikumswoche
Das Programm begann mit der Begrüßung  durch  die Programmkoordinatorin Frau Karin Gothe, die uns  den Ablauf der vier Wochen vorstellte. Dabei betonte sie, dass wir Botschafter unserer Heimatländer in Deutschland sind.  Und  es unsere Pflicht sei das Gelernte  mitzunehmen und zu vermitteln.  
Dem schloss sich ein Vortag über das deutsche politische Systeme durch  den stellvertretenden Direktor des Deutschen Bundestages Herrn  Prof. Dr. Ulrich Schöler an, der  dort Leiter der Abteilung  Wissenschaft und Außenbeziehungen ist. Deutschland ist eine parlamentarische Demokratie mit einem föderalen sozialen Rechtsstaat, eingebettet in die Europäische Union und die Vereinten Nationen.  Die BügerInnen wählen Gemeindevertretungen, Landtage, Bundestag und die 96 Europaabgeordneten aus Deutschland. 

Am erste Tag habe ich meine  23 Mitstipendiaten kennengelernt.  Mein erste Eindruck war, dass sie gut ausgebildet sind, gut Deutsche sprechen,  politische engagiert sind und verschiedene Hintergründe haben.  Also eine große Vielfalt repräsentieren.

Was mich in der morgendlichen Generaldebatte  zur Situation in Deutschland faszinierte, die ich auf der Zuschauertribüne im Plenarsaal des Bundestages verfolgen konnte,  war die demokratische und heiße Debatte  zwischen Parlament und Regierung.  Im Plenarsaales sieht man die Vielfältigkeit die Fraktionen, darunter auch viele Frauen und junge Abgeordnete. 

Sehr beeindruckt war ich von der Zusammenkunft  mit dem Präsidenten des Bundestags  Prof. Norbert Lammert. Nach gut einer Stunde Diskussion mit ihm hatte ich den Eindruck,  dass er Weitblick hat, und viel über die Länder weiß, aus denen wir Stipendiaten kamen.  Er diskutierte mit uns die Themen intensiv,  wobei er uns immer Beispiele aus der Geschichte und deutsche Erfahrungen erläuterte. Er hat auch eine globale Vision: Demokratie solle global in allen Ländern realisiert sein,  die Mehrheit der Bürger an der Politik teilnehmen und  demokratische Entscheidung für ihre Länder treffen.
Nachmittags traf ich mich mit einer Mitarbeiterin eines Bundestagsabgeordneten. Die Arbeit im Abgeordnetenbüro ist strukturiert. Vier Mitarbeiter, von denen sich jeder  mit einem klar definierten Bereich beschäftigt.

Im Rahmen Programms gab es verschiedene Planspiele und Workshops. Darunter  ein Politikspiel mit dem Thema direkte Demokratie. Dessen Ziel war, die Kreativität und Strategiefähigkeit der Stipendiaten zu fördern,  Verständnis für komplexe politische Inhalt zu wecken und das Interesse für politische Partizipation im Alltag zu fördern. Wir lernten, wie der Bundestag funktioniert, und wie man Demokratie praktiziert.  Wir haben verschiedene Rollen übernommen, und wir sind zu zwei Ausschüssen  zugeteilt  worden: Innen- und Außenausschuss. 

Unser Aufgabe war, über ein neues Gesetz abstimmten. Aus diesem Planspiel habe ich gelernt, dass die Demokratie ein Prozess ist, der aus vielen vernetzten Schritten besteht.  Diskussion, Alternativen suchen, mitmachen. Alles soll politisch und sachlich legitimiert ein. Die Bundestagsabgeordneten sollen dabei immer auch an die Interessen der Menschen denken.  Auch die Minderheit im Parlament hat immer  Rechte,  ihre Meinung und Vorschläge auszudrücken.  Zuletzt habe ich verstanden, dass die Vielfältigkeit von Meinungen und unterschiedlicher Ideen uns mehr Lösungen ermöglicht.
Am nächsten Tag wurden wir in Gruppen aufgeteilt. Ich bin ich mit meinen Kolleginnen Bachir und Inas der Grünen Partei zugeteilt worden. Wir haben  zusammen die Bundesgeschäftsstelle der Grünen  besucht und uns mit dem Wahlkampf der Grünen vertraut gemacht. 



Brahim Oubaha

amnay35@gmail.com



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